Konservierungskampagne 2021
Nunmehr zum 10. Mal konnte der Förderverein Schloss und Gedenkstätte Lichtenburg e.V. eine Kampagne zur Konservierung der Wand- und Deckenmalereien in den Frauengemächern des Schlosses initiieren. In kleinen Teilschritten wurden damit in den vergangenen Jahren bereits umfangreiche Erfolge erzielt, die - für den Betrachter jedoch meist nicht sofort erkennbar - diese Bereiche für die Zukunft absichern. Der Arbeitseinsatz fand im Juli dieses Jahres wieder mit freundlicher Unterstützung des Eigentümers, der Stadt Annaburg, den Mitarbeitern des Schlossmuseums und der Gedenkstätte KZ Lichtenburg sowie durch die Gerüststellung der Baufirma Matthias Hecht statt.
Im südlichen Frauengemach (Raum A) stand erneut die Konservierung der Wandmalereien im Fokus der diesjährigen Maßnahme. So konnte die Malerei aus der Zeit der Kurfürstin Hedwig (1611 – 1641) im rechten Fensterbogen großflächig gesichert werden. Bedingt durch die Entfestigung der darunter befindlichen Malerei aus der Erbauungszeit des Schlosses (um 1580) hatte sich die Malschicht in zahlreichen kleinen Schollen vom Untergrund gelöst (sog. Schichtentrennung) und musste wieder mit diesem verbunden werden. Erst dadurch war die dringend notwendige Reinigung dieses Bereichs möglich. Die Arbeitsschritte müssen im kommenden Jahr fortgeführt werden. Die Malerei ist trotz ihrer Beschädigungen nun bereits klarer und deutlicher für den Betrachter zu erkennen (Abb. 01).
Das schmale, mittlere Frauengemach wird zukünftig eine Installation der Künstlerin Petra Reichenbach aus Halle/Saale beherbergen. Im Rahmen des Heimatstipendiums #2 entstand die Präsentation „Starke Frauen in der Lichtenburg“ auf halbtransparenten Gewebebahnen, die eine Brücke zwischen der kurfürstlichen Nutzung und der Zeit des Konzentrationslagers schlägt (http://heimatstipendium.kunststiftung-sachsen-anhalt.de/). Vor dem Einbau der Kunstinstallation war es notwendig die konservatorischen Maßnahmen an der Decke des Raumes abzuschließen, um diesen in einen präsentationsfähigen Zustand zu versetzen. Zudem wäre eine Gerüststellung in diesem Raum in naher Zukunft nicht mehr möglich (Abb. 02).
Zum ersten Mal führten uns die Konservierungsmaßnahmen 2021 auch aus den Räumen der Frauengemächer hinaus in die Schlosskirche St. Anna. Ein dort an der Südwand befindliches großformatiges barockes Kreuzigungsgemälde (Höhe 3,4 m x Breite 2,2 m) bedurfte einer dringenden Sicherungsmaßnahme, die somit in diesem Jahr den Schwerpunkt darstellte. Für eine Sichtung des Zustandes und die anschließende Bearbeitung war eine aufwändige Gerüststellung notwendig, um das in über fünf Metern Höhe hängende Gemälde erreichen zu können (Abb. 03). Die Darstellung einer Kreuzigung Christi war für den Betrachter bisher nur noch schemenhaft zu erahnen. Dominierend war hingegen eine breite, rote Kunststoffbahn, die aus dem zerstörten Gemälde herabhing (Abb. 04). Dieser verbliebene Rest einer Kunstinstallation aus dem Jahr 1997 wurde entfernt. Zu welchem Zeitpunkt die umfangreichen Beschädigungen und Verluste am Gemälde entstanden ist unklar, dass dies während der Zeit der Nutzung der Schlosskirche als Getreidelager nach 1945 geschah, ist anzunehmen. Die Oberflächen waren entsprechend stark verschmutz. Neben Getreideresten und Stroh fand sich auch ein vollständiges Vogelnest hinter dem Gemälde. Nach Demontage der Kunststoffbahn zeigte sich das ganze Ausmaß der Schäden. Die zerrissene Leinwand hing in zahlreichen Fetzen herab und im unteren Teil des Bildes klafft eine große Fehlstelle. Neben einer fotografischen Dokumentation der Schäden erfolgten auch eine umfangreiche Reinigung der Oberfläche und die Konservierung der originalen Silberfassung des Rahmens. Mit der Montage eines temporären Stützsystems aus fixierten Bändern und Magneten ließen sich Teile des Gemäldes an ihre annähernd ursprüngliche Position vorübergehend zurückführen. Trotz des dramatischen Zustandes konnten wir feststellen, dass weitaus mehr originale Substanz erhalten ist als zunächst angenommen. Für eine weitere Bearbeitung des Gemäldes ist ein differenziertes Konzept nötig, welches nur in mehreren Teilabschnitten umgesetzt werden kann (Abb. 05).
28.08.2021
Förderverein Schloss und Gedenkstätte Lichtenburg e.V.
Autor: Tino Simon
3. Europäischer Tag der Restaurierung
Am 11.10.2020 fand nunmehr zum dritten Mal der Europäische Tag der Restaurierung statt, an dem Museen, Denkmalpflegeeinrichtungen und Restauratoren Einblick in ihre Arbeit geben. Der Förderverein Schloss und Gedenkstätte Lichtenburg e.V. konnte drei Führungen durch die Frauengemächer und die Schlosskirche anbieten, welche die Geschichte der Räume und ihrer umfangreichen Ausstattung dem Publikum näher brachten. Aufgrund coronabedingter Einschränkungen waren die Führungen auf zehn Teilnehmer beschränkt. Gleichzeitig waren an diesem Tag Gedenkstätte und Museum geöffnet, sodass die Besucher die Schlossanlage umfangreich erkunden konnten. Alle drei Führungen waren ausgebucht, die Teilnehmer kamen aus Prettin, umliegenden Ortschaften aber auch aus Torgau und Wittenberg. Die Resonanz auf die Rundgänge war durchweg positiv. Angedacht ist es dieses Format auch im Jahr 2021 wieder anzubieten.
Maßnahme Frauengemächer
Im Zeitraum zwischen dem 05.10.-23.10.2020 fand die 9. Maßnahme zur Bestandserhaltung der umfangreichen Wand- und Deckenmalereien in den Frauengemächern des Schlosses Lichtenburg statt, die der Förderverein Schloss und Gedenkstätte Lichtenburg erneut initiiert und umgesetzt hat. Die Diplomrestauratoren Christine Pieper (Riesa), Lydia Dietrich (Wehlen) und Tino Simon (Dresden) konnten dabei wieder ein Teilstück der historischen Ausstattung des Renaissanceschlosses bewahren.
Raum A, südliches Frauengemach
Im Fokus der diesjährigen Maßnahme stand die Fensterwand und hier im Besonderen der Pfeiler zwischen den Fenstern. Zu Beginn der Arbeiten zeigte sich die Malerei aus der Zeit Kurfürstin Hedwig (1581-1641) erkennbar, jedoch waren weite Teile noch mit diversen späteren Putz- und Farbschichtresten bedeckt, sodass sich ein sehr heterogenes Erscheinungsbild darbot. Die meisten späteren Anstriche und Überarbeitungen wurden von der Malerei abgenommen.
Im unteren Bereich konnte das gemalte Rankenwerkgitter aus der Gestaltungsphase 3 deutlicher freigelegt werden, zugleich konnten während der Maßnahmen auch weitere Befunde zur Gestaltung des Raumes während der Erbauungszeit gewonnen werden. Gelockerter Putz wurde wieder am Untergrund befestigt und Putzflanken gesichert. Die größeren Fehlstellen ließen sich bereits mit einem Unterputz schließen. Die Malerei ist nach Abschluss der Maßnahme für den Betrachter deutlich besser erkennbar. Mit Begeisterung konnten wir zudem feststellen, dass die Malerei der Hedwig-Phase bis an die Fensteröffnung fast vollständig erhalten ist. Die Gerüststellung bot weiterhin die Möglichkeit der Sichtung der Malerei im nördlichen Fensterbogen. Hier liegen großflächige Malschichtlockerungen vor, die im Fokus der nächsten Sicherungsmaßnahme stehen müssen.
Raum B, mittleres Frauengemach
Hier konnte die 2019 begonnene Abnahme von zahlreichen späteren Anstrichen auf der Decke fortgeführt werden. Insgesamt acht Felder der Decke sind durch die spätere Nutzung der Strafanstalt massiv gestört. Die Freilegung der originalen Malerei stand bei möglichst weitgehender Erhaltung der originalen Bemalung im Fokus. Trotz der massiven Schädigung durch Putzschlemmen und Anstriche konnte ein Teil der Bemalung erhalten werden. Geöffnete Brettfugen wurden durch eingeleimte Holzstreifen geschlossen und optisch in den Bestand integriert. Die Arbeiten sind noch nicht vollständig abgeschlossen. Ein kleiner Teil der späteren Anstriche ist im kommenden Jahr noch abzunehmen. Dennoch hat sich das Erscheinungsbild des Raumes deutlich verändert. Trotz der nur fragmentarisch erhaltenen Bemalung lässt sich die ursprüngliche Gestaltung für Besucher wieder ablesen ebenso ist die spätere Veränderung der Raumstruktur für den Betrachter immer noch erfahrbar.
Verlegung Stolperstein für Ignatz Manasse
Der Förderverein Schloss und Gedenkstätte Lichtenburg e. V. hat es sich zur Aufgabe gemacht die Schlossgeschichte im Ganzen zu erforschen, dazu gehört auch das Schloss als Gedenkort wahrzunehmen, was vor allem die Zeit als Strafanstalt, Zuchthaus und Konzentrationslager betrifft. Die Zeit als KZ stellt dabei eine besonders schwere Phase für das Schloss dar, denn in dieser Zeit wurden im KZ Lichtenburg zahlreiche Menschen ermordet. Für einen von ihnen ließ der Verein am 16. November 2015 in Berlin-Kreuzberg einen Stolperstein verlegen. In Gedenken an den jüdischen Häftling Ignatz Manasse kamen dafür Mitglieder des Vereins an Manasses Wohnort, der Manteuffelstraße 62, zusammen, um mit dem Initiator der Stolpersteine dem Ermordeten einen Platz zu geben.
1888 in Posen geboren, war Manasse Mitglied der KPD und der RGO. Der gelernte Schneider wurde im November 1933 inhaftiert und war zunächst in Spandau, später in Brandenburg in Haft. Im Mai 1935 wurde er erneut festgenommen und war von Mai 1935 bis Juli 1936 im KZ Lichtenburg, bevor Manasse am 21.7.1936 dort ermordet wurde. Die offizielle Todesursache lautete „Gehirnschlag“, damals eine übliche Methode, um die eigentliche Ursache zu verschleiern. Der herzkranke Manasse wurde bei dem im KZ durchgeführten Strafexerzieren so lange gequält, bis er zusammenbrach und starb.