Die Anfänge Prettins

900 – 1300

Mit seinen fast 2.000 Einwohnern gehört Prettin zu den ältesten Siedlungsgebieten Sachsen-Anhalts. Bereits im 9. Jh. befand sich hier an einem alten Flussübergang der Elbe eine slawische Siedlung. Ein Burgward wird erstmals 965 in einer Urkunde Kaiser Ottos I. erwähnt und als „Pretimi” erwähnt. Im 12. Jh. gehörte dieser Burgward zu den Grafen von Brehna. Diese Verbindung ist heute noch im Stadtwappen Prettins anhand des roten herzförmigen Seerosenblattes zu sehen. 

Um 1290 fiel die Grafschaft Brehna an das Herzogtum Sachsen-Wittenberg und somit unter die Herrschaft des Kurfürsten Rudolf I., der um 1335 in Prettin eine Wasserburg errichten ließ. Von dieser südlich der Kirche gelegenen Burg haben sich nur ein Wall und der Name erhalten. Die in Zusammenhang mit dem Burgward entstandene Siedlung Prettin entwickelte sich im Laufe der Zeit zur Stadt. Das älteste erhaltene Dokument des Ortes ist eine Schenkungsurkunde von 1334, in der nun erstmals von der „stat zu pryttyn“ zu lesen ist.

weiterführende Literatur:

Prettin - kleine Stadt mit großer Geschichte 

Prettin 2013

Die Antoniter und das Kloster Lichtenbergk

1300 – 1564

Im späten 13. Jahrhundert ließen sich nordöstlich von Prettin Mönche des Antoniterordens nieder und gründeten um 1300 die Präzeptorei „Lichtenbergk“. Der Antoniterorden, ein bürgerlicher Spitalorden, der 1095 in Südfrankreich gegründet wurde, erbaute auf dem Gelände des jetzigen Schlosses das Kloster Lichtenbergk. Das Kloster hatte im Laufe der Zeit ein hohes Ansehen erlangt. Diese Bedeutung zeigte sich unter anderem darin, dass der sächsische Kurfürst Friedrich der Weise den Generalpräzeptor des Antoniterklosters, Goswin von Orsoy, als ersten Kanzler der neu gegründeten Wittenberger Universität bestimmte. Durch die Reformation gelang das Kloster allerdings in eine schlechte wirtschaftliche und finanzielle Lage. Es wurde letztlich im Zuge der Reformation aufgelöst. Ein Großteil des Gebäudes fiel im 16. Jh. einem Brand zum Opfer.

weiterführende Literatur: 

Kloster Lichtenbergk. Generalpräzeptorei der Antoniter

Prettin 2018, ISBN 978-3-00-055391-2

Ein Schloss entsteht

1564 – 1585

Mitte des 16. Jahrhunderts wird die Anlage durch Kurfürst August I. von Sachsen umgebaut. Diese bestand bis dahin aus einem Stadthaus mit Kapelle. Auf den Wunsch seiner Frau Anna wurde ab 1564 mit den Arbeiten am neuen Schloss begonnen. Hierfür wurde das alte Gebäude abgetragen und an der Stelle das Schloss Lichtenburg mit Wirtschaftsgebäuden und einem Vorwerk (Kleinlondon) errichtet. Zudem wurde 1581 im Stil der Spätgotik eine dazugehörige Schlosskirche erbaut, die zu damaligen Zeiten den Namen der Kurfürstin Anna trug (St. Annen Kapelle). Für den Umbau wurden die zwei Baumeister Hans Irmisch und Christoph Tendler beauftragt. Anna, die sich sehr für Pharmazie und Medizinalwesen interessierte, richtete auf der Lichtenburg sogar eine Apotheke ein.

Das Schloss Lichtenburg als Witwensitz 1585 – 1811

Eine weitere Glanzperiode erlebte das Schloss in der ersten Hälfte des 17. Jh. Prinzessin Hedwig von Dänemark und Norwegen war die Nichte von Kurfürstin Anna und heiratete 1602 deren Sohn Christian(II.). Im Heiratsvertrag, einem so genannten „Leibgedingebrief“, war die Lichtenburg als Witwensitz für Hedwig vorgesehen. Nach dem Tod ihres Gemahls zog Hedwig 1611 in das Renaissanceschloss und lebte dort bis zu ihrem Tod 1641. Während dieser Zeit ließ sie mehrere Umbauten vornehmen, beispielsweise ließ sie südöstlich der Schlossmauern die sogenannte Hedwigsburg errichten. Sie kümmerte sich um die Kranken und Armen und versorgte während des Dreißigjähren Krieges die hungernde Bevölkerung.

 

Wilhelmine Ernestine war die dritte Tochter des Königs Friedrich III. von Dänemark und Norwegen und durch Heirat Kurfürstin von der Pfalz geworden. Nach dem Tod ihres Mannes zog die pfälzische Kurfürstin 1685 nach Schloss Lichtenburg. Ihre Schwester Anna Sophie von Sachsen, Mutter August des Starken, folgte ihr einige Jahre später. Wilhelmine Ernestine ließ den in Verfall geratenen Schlossgarten in einen Lustgarten nach französischem Vorbild umgestalten. Parallel beauftragte Anna Sophie die Instandsetzung des Schlosses. Beide Kurfürstinnen hatten den Wunsch ihre letzte Ruhestätte in der Lichtenburg zu finden, daher ließen sie sich schon zu Lebzeiten von Balthasar Permoser in der Schlosskirche eine Gruft errichten. Wilhelmine Ernestine stirbt 1706. Anna Sophie folgte ihrer Schwester 1717. Ihre Grablege wurde 1811 in den Dom zu Freiberg überführt, da die Lichtenburg 1812 als Strafanstalt umfunktioniert wurde.

weiterführende Literatur:
Witwensitz Lichtenburg. Vom Kloster zum Schloss - Fürstinnen auf Schloss Lichtenburg
Prettin 2019, ISBN 978-3-00-061300-5

Die Strafanstalt Lichtenburg

1811 – 1928

Per Dekret legte König Friedrich August von Sachsen am 2. Februar 1811 den Umbau des Schlosses zu einer Straf- und Besserungsanstalt fest. Zusammen mit 62 Beamten kamen 1812 die ersten 373 männlichen und weiblichen Sträflinge aus dem aufgelösten Torgauer Zuchthaus nach Prettin. Aufgrund der neuen Nutzung mussten umfangreiche bauliche Veränderungen durchgeführt werden.

In den 117 Jahren des Bestehens der Anstalt waren ca. 50.000 Personen - vorrangig aus der preußischen Provinz Sachsen - in ehemaligen Schloss Lichtenburg inhaftiert. Die anfängliche Belegfähigkeit der Anstalt von 800 Gefangenen wurde im frühen 20. Jahrhundert auf 600 reduziert. Der schlechte bauliche Zustand, die erschwerte und kostspielige Bewachung in der verwinkelten Schlossanlage, zurückgehende Häftlingszahlen und geänderten Formen der Strafvollstreckung waren die Gründe, welche zur Auflösung der königlich-preußische Strafanstalt im Jahr 1928 führten. 

weiterführende Literatur:

Die Frauengemächer. Wand- und Deckenmalereien in Schloss Lichtenburg

Prettin 2017

Das Konzentrationslager Lichtenburg

1933 – 1945

Nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichkanzler am 30. Januar 1933 ließ die neue Regierung die Gegner des NS-Regimes zu Tausenden von Polizei und SA in sogenannte „Schutzhaft“ nehmen. Da die vorhandenen Gefängnisse dafür bei weitem nicht ausreichten, errichteten die nationalsozialistischen Machthaber zahlreiche provisorische Lager. Im Regierungsbezirk Merseburg suchte die Verwaltung seit April 1933 nach geeigneten Möglichkeiten zur Unterbringung großer Häftlingsgruppen. Geradezu „ideale“ bauliche Voraussetzungen bot die ehemalige Strafanstalt Lichtenburg in Prettin. Die ersten Häftlinge kamen 1933. Nachdem im Laufe des Krieges die Häftlinge in andere Lager überführt worden, diente die Schlossanlage von 1939 bis Juni 1940 als Kaserne und Ausbildungslager für das II. SS-Totenkopf-Infanterie-Ersatzbataillon sowie temporär für die SS-Totenkopf-Infanterie-Panzerabwehr-Ersatzkompanie. 1940 waren hier ein SS-Versorgungslager und später ein SS-Hauptzeugamt eingerichtet, in dem ab 1941 bis Kriegsende Häftlinge des Konzentrationslagers Sachsenhausen - als Außenlager Prettin - untergebracht waren.